Sehschule
Lesedauer ca.
12
Min.

Kurzsichtigkeit (Myopie)

Autoren
Dr. Jasmin Azem
Fachärztin für Augenheilkunde und Optometrie
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Was ist Kurzsichtigkeit (Myopie)?

Kurzsichtigkeit – auch Myopie genannt – ist eine Form der Fehlsichtigkeit, bei der entfernte Objekte unscharf erscheinen, während nahe Gegenstände deutlich erkannt werden. Ursache ist eine Fehlfokussierung des Lichts im Auge: Statt direkt auf der Netzhaut wird das Bild bereits davor abgebildet.

Medizinisch betrachtet handelt es sich bei der Myopie meist um eine Achsenmyopie, bei der der Augapfel zu lang ist. Seltener tritt eine Brechungsmyopie auf, bei der die Linse oder Hornhaut zu stark krümmt. Beide Varianten führen dazu, dass das Sehen in der Ferne beeinträchtigt ist – ohne Korrektur durch Brille, Kontaktlinsen oder operative Eingriffe.

Wie funktioniert das Sehen bei Myopie?

in gesundes Auge bündelt einfallendes Licht so, dass es exakt auf der Makula – dem schärfsten Punkt der Netzhaut – fokussiert wird. Bei Myopie liegt der Brennpunkt jedoch vor der Netzhaut. Das Licht wird zu früh gebrochen, wodurch entfernte Objekte als verschwommen wahrgenommen werden.

Die Nähe bleibt dagegen meist unbeeinträchtigt, da Lichtstrahlen aus kurzem Abstand steiler einfallen und auch bei einem längeren Augapfel korrekt auf der Netzhaut landen.

Je nach Ausprägung der Myopie wird die Sehschärfe in Dioptrien (dpt) angegeben – typische Werte liegen zwischen -0,5 und -6,0 dpt, bei hoher Myopie darüber hinaus.

Ursachen der Myopie

Anatomische Gründe – Verlängerter Augapfel

Die häufigste Ursache für Kurzsichtigkeit ist ein zu langer Augapfel. In diesem Fall ist der Abstand zwischen Hornhaut und Netzhaut vergrößert, wodurch einfallende Lichtstrahlen bereits vor der Netzhaut fokussiert werden. Diese sogenannte Achsenmyopie tritt oft im Kindes- und Jugendalter auf und kann sich bis ins frühe Erwachsenenalter weiterentwickeln – die sogenannte Myopieprogression.

Eine andere, seltenere Ursache ist die Brechungsmyopie, bei der Linse oder Hornhaut das Licht zu stark brechen – auch ohne verlängerten Augapfel.

Genetische Veranlagung

Kurzsichtigkeit tritt familiär gehäuft auf. Kinder mit einem oder zwei kurzsichtigen Elternteilen haben ein deutlich erhöhtes Risiko, ebenfalls eine Myopie zu entwickeln. Die genetische Komponente beeinflusst sowohl das Längenwachstum des Augapfels als auch die Reaktionsfähigkeit der Netzhaut auf visuelle Reize.

Studien zeigen, dass genetische Disposition besonders bei früh beginnender Myopie eine zentrale Rolle spielt.

Umweltfaktoren & Lebensstil

Neben genetischen Ursachen haben auch Umweltfaktoren einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung und Verschärfung von Kurzsichtigkeit:

Bildschirmnutzung & Naharbeit

Längeres Sehen auf kurze Distanzen – etwa beim Lesen, Schreiben oder der Nutzung von Smartphone und Tablet – fördert eine übermäßige Nahfokussierung. Die dauerhafte Belastung kann das Wachstum des Augapfels anregen, was insbesondere bei Kindern zur Verlängerung des Auges und damit zur Myopie führt.

Tageslichtmangel & urbaner Lebensstil

Kinder, die täglich weniger als zwei Stunden im Freien verbringen, entwickeln signifikant häufiger Kurzsichtigkeit. Natürliches Tageslicht scheint das Augenwachstum zu regulieren – über chemische Prozesse in der Netzhaut (z. B. Dopamin-Freisetzung). In urbanen Umgebungen mit viel Naharbeit und wenig Freiluftaktivität ist die Myopieprävalenz daher besonders hoch.

Symptome und Diagnose

Typische Anzeichen von Kurzsichtigkeit

Kurzsichtigkeit macht sich meist schleichend bemerkbar – vor allem beim Blick in die Ferne. Häufige Symptome sind:

  • Verschwommenes Sehen auf Distanz (z. B. bei Tafel, Straßenschildern, Fernseher)
  • Zusammenkneifen der Augen, um Schärfe zu erzeugen
  • Kopfschmerzen und Augenbrennen bei längerer Konzentration
  • Müdigkeit beim Autofahren oder abends
  • Bei Kindern: Schwierigkeiten in der Schule, häufiges „Nach-vorne-Beugen“, langsames Lesen

Je nach Ausprägung verschlechtern sich die Symptome im Laufe der Zeit – besonders bei Kindern und Jugendlichen mit wachsendem Augapfel.

Wie wird Myopie festgestellt?

Eine präzise Diagnose der Kurzsichtigkeit erfolgt durch den Augenarzt oder Optometristen. Folgende Verfahren kommen dabei zum Einsatz:

Sehtest & Refraktionsbestimmung

Der klassische Sehtest prüft die Sehschärfe (Visus) mithilfe von Buchstaben- oder Symboltafeln in verschiedenen Entfernungen. Anschließend wird durch sogenannte subjektive Refraktionsmessung ermittelt, welche Glasstärke die bestmögliche Korrektur liefert.

Der gemessene Wert wird in negativen Dioptrien (z. B. –2,50 dpt) angegeben – je höher die Zahl, desto stärker die Kurzsichtigkeit.

Bei Kindern wird häufig zusätzlich eine zykloplegische Refraktion durchgeführt – mithilfe pupillenerweiternder Tropfen, die die natürliche Akkommodation ausschalten. So kann auch versteckte Myopie erkannt werden.

Augapfellängenmessung (Biometrie)

Bei fortschreitender oder sehr starker Myopie ist die Messung der axialen Augapfellänge wichtig. Diese erfolgt per optischer Biometrie oder Ultraschall und hilft dabei, die Myopieentwicklung objektiv zu dokumentieren – vor allem bei Kindern mit Myopieprogression.

Diese Messung ist auch essenziell für die Vorbereitung refraktiver Eingriffe wie LASIK oder SMILE.

Behandlungsmöglichkeiten

Brille bei Kurzsichtigkeit

Die einfachste und bewährteste Methode zur Korrektur von Myopie ist die Brille mit konkaven Gläsern (Minusgläsern). Sie zerstreuen das Licht so, dass der Brennpunkt wieder auf die Netzhaut fällt.

  • Vorteile: unkompliziert, kostengünstig, sofortige Wirkung
  • Besonders geeignet für: Kinder, Jugendliche, Alltag und Schule
  • Spezialformen: Brillen mit Filter (z. B. Blaulichtschutz für Bildschirmarbeit)

Kontaktlinsen: Arten, Vor- und Nachteile

Kontaktlinsen bieten ein größeres Sichtfeld als Brillen und werden oft als unauffällige Alternative gewählt. Sie sind besonders vorteilhaft bei sportlicher Aktivität oder starker Myopie.

  • Weiche Linsen: komfortabel, auch für Anfänger gut geeignet
  • Formstabile (harte) Linsen: schärferes Sehen, besser für hohe Dioptrienwerte
  • Multifokallinsen: für gleichzeitige Korrektur von Myopie und Presbyopie

Augenlasern (LASIK, LASEK, SMILE)

Refraktive Chirurgie ermöglicht eine dauerhafte Korrektur der Kurzsichtigkeit, meist bei stabiler Sehstärke ab dem 18. Lebensjahr.

Verfahren im Überblick

  • LASIK: Hornhaut wird teilweise abgetragen und neu modelliert
  • LASEK: geeignet bei dünner Hornhaut, längere Heilzeit
  • SMILE: minimal-invasiv, ohne Flap – besonders für hohe Myopie geeignet

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